Machine Learning – Wie denken Maschinen?

Von Redaktion
Machine Learning – How do machines think?

Alan Turings Artikel „Computing machinery and intelligence“ legte das Fundament der Künstlichen Intelligenz (KI) und des Machine Learning (ML). Er prägte den Turing Test, woraufhin er mit der Frage konfrontiert wurde: Denken eigentlich Maschinen? Alan fand die Frage verwirrend und auch schlecht gestellt. Er änderte diese Frage folglich in: Können Maschinen das tun was wir (als denkende Wesen) tun?

Unterschied Machine Learning und KI

Auch wenn es auf den ersten Blick unwichtig erscheint, so gibt es doch genug Gründe, auf die Unterschiede zwischen KI und Machine Learning einzugehen. Während die Künstliche Intelligenz unser allgemeiner Versuch ist, Computerprogramme zu entwickeln, die wie Menschen denken, wird Machine Learning definiert als „die Fähigkeit eines Programms zu lernen, ohne explizit programmiert zu sein“. Es ist das Resultat unserer Erkenntnis, dass wir eine Maschine lernen lassen, wie sie eine Aufgabe ausführt, indem sie Daten liefert und diese leitet.

Machine Learning durch Daten

Das menschliche Lernen ist ein komplexer und subjektiver Prozess. Und bislang haben wir sicher noch nicht den perfekten Weg gefunden. aber wir haben wir also Maschinen richtig unterrichtet?

Maschinen oder Computerprogramme können durch Daten, mit denen wir sie füttern, lernen. Diese Daten bestehen aus Features und einem Class Attribute oder Label. Als Beispiel schauen wir uns einmal die Bilderkennung an. Hier wird ein Programm mit Bildern gefüttert. Das Programm muss den Inhalt der Bilder nun erkennen. Bei dieser Aufgabe sind die Features des Bildes die Pixelwerte und die Klasse ist das Label, das wir Menschen dem Bild mitgegeben haben, wie bspw. „Katze“ oder „Haus“.

Nachdem die Daten aufbereitet wurden, ist der nächste wichtige Schritt das Training auf die Modelle. Modelle sind mathematische Formulierungen dessen, was die Maschine gelernt hat. Künstliche neuronale Netzwerke sind ein beliebter Modelltyp, inspiriert durch die Funktionalität des menschlichen Gehirns. Diese bestehen aus einfachen Einheiten – Neuronen – die untereinander vernetzt sind, um so ein neurales Netzwerk zu formen. Wir können uns dieses Netzwerk als nacheinander angeordnete Schichten von Neuronen vorstellen. Dabei muss man sich eigentlich wundern: Wie können diese Modelle Katzen anhand einfacher Pixel erkennen?

Nachahmung menschlichen Verhaltens

Natürlich schauen wir Menschen nicht auf ein Bild und lesen die Pixelwerte aus. Unser Verständnis von Bilderkennung hat uns gezeigt, dass wir auf bestimmte Attribute achten auf einem Bild, um so Objekte zu erkennen. Tiefe neurale Netzwerke, die ganz einfach klassische künstliche neurale Netzwerke mit vielen Schichten sind, sind deshalb so erfolgreich, weil sie dieses Verhalten nachahmen können. Zum Beispiel kann eine Schicht dafür benutzt werden, Ecken im Bild zu erkennen. Die nächste Schicht erkennt Formen wie Kreise oder Rechtecke. Wohingegen die tieferen Stufen eine Antwort auf intuitive Fragen liefern können: „Ist da etwas flauschiges im Bild?“ oder „Sind da Wände?“.

Die Macht des Machine Learnings beruht auf der Fähigkeit der Verallgemeinerung. Das heißt, dass das Programm, nachdem es viele Bilder von Katzen gesehen hat, einen abstrakten Begriff von Katzen (cat-iness) erlernen und von nun an Katzen erkennen kann – ohne, dass das Programm diese vorher schon gesehen hat. Natürlich ist das Modell nur so gut, wie die Daten, mit denen es gefüttert wurde. Es kann keine Konzepte verallgemeinern, von denen es noch nichts gelernt hat.

Machine Learning in der Robotik

Wenn wir über Machine Learning nachdenken, ist womöglich das erste, was uns in den Sinn kommt, ein Roboter, der ein Buch hält. Obwohl das natürlich weit weg von der wirklichen Praxis ist, ist die Robotik tatsächlich ein bedeutendes Feld, das viele Anwendungen bietet. Von militärischen Dronen und Schwarmrobotik, bis hin zu medizinischen Robotern, wie Da Vinci für robotergestützte Chirurgie, und autonome Fahrzeuge. Diese Systeme können in realen Umgebungen eingesetzt werden, um Menschen bei allen möglichen Aufgaben zu ersetzen.

Im Vergleich zur Bilderkennung, bei der es sich um eine beaufsichtigte Lernaufgabe handelt, die von Menschen zur Verfügung gestellt wird, erfordert die Robotik in der Regel ein verstärktes Lernen (Reinforcement Learning). Dabei lernen Maschinen beim Umgang mit ihrer Umgebung durch Trial-and-Error und sind nicht mit beschrifteten Daten befüllt worden. Robotiker sind der Meinung, dass diese Art des Machine Learnings zwar schwer zu erreichen, aber auch gleichzeitig sehr vielversprechend ist. Je nach Anwendung können diese Systeme mit extremen Sicherheitsanforderungen, Batterieverbrauch oder Bereitstellungskosten, die für einfache Computerprogramme keine Rolle spielen, Schwierigkeiten bereiten.

Machine Learning in der Industrie

Die Anwendungen des Machine Learnings sind aktuell in voller Blüte und jedes Unternehmen, jedes Start-Up und jede Forschungsgruppe versucht die Chancen, die sich aus dieser neuen Art der Intelligenz ergeben, zu nutzen. Unternehmen wie Google, das das KI-zentrierte Forschungsteam Google Brain Anfang der 2010er Jahre bildete, haben die wirkliche Macht des Machine Learnings erkannt. Diese Macht liegt nicht in kleinen Innovationen, sondern in der Fähigkeit, Märkte zu zerstören und neue zu schaffen.

Es gibt unzählige Beispiele von wichtigen Märkten mit KI-Potenzialen. Das Internet der Dinge kann Daten von Smartphones oder Wearables nutzen, wie bspw. Google Glass, um personalisierte Nutzererfahrungen anzubieten. Der Bereich der Unternehmensflexibilität, der Unternehmen dabei helfen soll, sich durch eine schnelle Anpassung an die Marktbedürfnisse einen Wettbewerbsvorteil zu sichern, kann durch die Analyse von Big Data und die Verwendung von Predictive Analytics ein völlig neues Niveau erreichen.

Einer der größten und auch bedeutungsvollsten Sektoren könnte die Gesundheitsindustrie sein. Medizinische Systeme, die mit Machine-Learning-Fähigkeiten ausgestattet sind, können so jeden Prozess der medizinischen Pipeline ersetzen, von der Datenanalyse bis hin zur Diagnose oder Behandlung. Das Gesundheitswesen wird personenbezogener und effizienter und die Betriebskosten werden damit sinken. Insbesondere in der Pharmaindustrie, in der die Arzneimittelentwicklung rückläufig ist. Samsung hat bspw. schon das Potenzial des Einsatzes von Smartphones entdeckt, um Krankheiten wie Brustkrebs und Parkinson schneller und einfacher zu erkennen.

Der Preis des Deep Learnings

Obwohl es schon ein älteres Konzept ist, hat das Deep Learning 2016 die KI-Szene erobert. Forscher haben erkannt, dass Machine Learning sehr mächtig sein kann, wenn es weiter in die Tiefe geht. Doch was heißt in diesem Fall überhaupt tiefer? Die Architektur des neuronalen Netzwerkes, die Machine Learning verwendet. Die Raffinesse der Lernalgorithmen. Ihre Fähigkeit, komplexe Probleme zu lösen. Und leider auch unsere Unfähigkeit diese zu verstehen.

Je mächtiger ein Machine-Learning-Modell ist, desto schwerer ist es, zu erklären, wie es arbeitet. Man muss dem Ergebnis einfach blind vertrauen. Es ist nicht schwer, die daraus erwachsenden ethischen Probleme zu erkennen. Stellen Sie sich zum Beispiel die Gefahren eines KI-fähigen medizinischen Systems vor, das Krebs falsch vorhersagt.

Risiken der Automatisierung

2014 entdeckte Amazon, dass die KI-Systeme, die sie zur Evaluation von Bewerbungen verwendeten, Frauen diskriminierten. Die Entdeckung war für die Bevölkerung besorgniserregend und motivierte gleichzeitig Unternehmen, ihre Einstellungsprozesse neu zu bewerten. Doch wie kam es überhaupt zu diesem Problem?

Obwohl Machine Learning Anwender spezielle Vorsicht walten lassen können, wenn es um das Design der Lernalgorithmen geht, ist da doch eine Sache, über die sie keine Kontrolle haben: Daten. Wie wir bereits beschrieben haben, lernen die meisten Algorithmen auf Basis von „labelled data“, deren Qualität und Quantität die Leistungsfähigkeit des erlernten Modells bestimmen.

Leider ist unsere Welt voreingenommen. So verhalten sich auch die Daten, die wir darüber bekommen. Wenn Amazon, genau wie die meisten anderen Technologieunternehmen, bis dato primär männliche Bewerber eingestellt hat aufgrund der unbestreitbaren männlichen Dominanz in dieser Branche, dann wird das auch die KI auf Grundlage der Daten tun. Machine-Learning-Algorithmen können weder Vorurteile auslöschen noch erzeugen. Die Automatisierung, die sie mit sich bringen, kann jedoch dazu führen, dass sie sich auf ein noch nie dagewesenes Maß auswirkt.