Echte Künstliche Intelligenz oder nur Marketingmasche?

Von Mischa Hammann

So langsam dämmert es auch dem Letzten in der Marketing-Branche, dass Künstliche Intelligenz mehr ist als nur ein Buzzword. Das Machine Learning, Deep Learning oder andere KI-Technologien keine temporären Hirngespinste sind, die spätestens übermorgen von irgendeinem neuen Hype abgelöst werden. Diese Erkenntnis bleibt nicht ohne Folgen. Täglich werden neue KI-Unternehmen gegründet und neue intelligente Produkte erdacht. Nur eines entwickelt sich derzeit noch schneller: Die Unternehmen, die sich KI auf die Fahne schreiben und hoffen, von diesem Trend zu profitieren. Oder sie haben Angst im Wettbewerb der Wahrnehmung abgehängt zu werden, weil der ärgste Konkurrent ja auch schon KI macht.

Also schreiben sie sich noch schnell das KI vors Marketing oder die Technologie und schon sind sie dabei. Nicht überall wo KI drauf steht, ist also auch KI drin. Deshalb ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und die richtigen Fragen zu stellen, damit der Sprung auf den KI-Zug nicht zum Absturz ins Nirvana wird.

Künstliche Intelligenz ist die Zukunft im Business

Es ist ein bisschen so wie in dem TV Commercial von IBM zu Beginn des Internetzeitalters. Im Konferenzraum sitzend entdeckt ein Mann in der Zeitung folgende Zeile, die er sogleich seinem Kollegen vorliest: „Das Internet ist die Zukunft im Business.“ Seine logische Schlussfolgerung: „Wir müssen ins Internet!“. Darauf fragt sein Kollege „Warum?“. Antwort: „Steht nicht da…“

Dialoge wie dieser, werden heute vermutlich täglich in irgendeiner Variante in den Konferenzräumen dieser Welt zum Thema Artificial Intelligence geführt. Richtig ist: Künstliche Intelligenz ist in vielerlei Hinsicht die Zukunft im Business. Aber was in den 1990ern für den Einstieg in die Onlinewelt galt, gilt auch heute für Künstliche Intelligenz. Ein Plan, eine Roadmap, Ziele – wer ohne Durchblick einfach drauf losrennt, investiert womöglich viel Geld in Technologien wo KI draufsteht, aber letztlich keine drin ist. Oder die Falsche.

Austin Miller, Director of Product Marketing bei Oracle Marketing Cloud warnte kürzlich erst „Die Anbieter haben gute Arbeit geleistet, vage KI-Lösungen mit tollen Namen zu kreieren. Und selbst die dazu präsentierten Anwendungsfälle, sind meist statistische Modelle, die lediglich in Künstliche Intelligenz umbenannt wurden.“

Wer nicht fragt, bleibt dumm!

Wie aber erkenne ich Mogelpackungen? Welche Indikatoren gibt es für echte, gewinnbringende KI-Tools?

Wichtig ist es, zunächst einmal nicht in Panik zu verfallen, es ist noch nicht zu spät. Das Rennen hat gerade erst begonnen und es ist ein sehr, sehr langes Rennen. Noch wichtiger ist es für professionelle Marketer, keine Angst davor zu haben, ahnungslos zu wirken und deshalb womöglich lieber die Klappe zu halten. Nehmen Sie sich ein Beispiel an unseren Kindern. Denen bringen wir schon früh bei, dass es keine dummen Fragen gibt. Nur dumme Antworten. Warum sollte das für uns erwachsene Marketer nicht gelten?

Der ein oder andere wird sich noch an den Beginn des Internetbooms erinnern. Auch damals brauchte es eine Weile, bis die Marketingabteilungen das Thema verstanden haben. Und auch das KI-Know-How fliegt niemandem einfach zu. Aber wir Menschen tendieren nun mal dazu, gut verpackten Marketingbotschaften leicht glauben zu schenken, wenn sie unsere Wünsche und Nöte bedienen. Wer weiß das besser als wir Marketingschaffenden?

In einem Adweek-Artikel äußerte sich Jason Carmel, Global Chief Data Officer von Possible, kürzlich zu diesem Thema: „Ein guter Weg, ist es, zuzugeben, dass man in diesem Bereich unwissend ist, und eine Millionen Fragen zu stellen. Wenn sich ein Anbieter auf ‚Algorithmen‚ bezieht, der ‚intelligente Entscheidungen‘ für Ihr Unternehmen trifft, fragen Sie ihn, was diese Algorithmen sind und welche spezifischen Entscheidungen getroffen werden. Fragen Sie, wie Menschen die Erkenntnisse nachvollziehen können. Fragen Sie sie nach Beispielen in Unternehmen, die diese Technologie derzeit nutzen, und, noch besser, bitten Sie sie, mit Ihnen zu sprechen.“

Intelligente Maschinen treffen Entscheidungen

Wichtig ist in diesem Zusammenhang das Wort „Entscheidung“. Denn intelligente Maschinen treffen Entscheidungen. Nicht mehr der Mensch. Und zwar in Echtzeit. Das ist ein wichtiger Unterschied.

„Wenn eine Marketing-Technologie Daten analysiert und sich anschließend entscheidet, etwas bereits Existierendes zu verändern, seien es angezeigte Inhalte oder der aktuelle Mediaeinkauf, dann ist eine Künstliche Intelligenz im Spiel.“ ergänzt hierzu Jason Carmel.

Diese Entscheidungsprozesse zu verstehen, ist der Schlüssel in Recherche oder Gesprächen zu KI-Lösungen für Ihr Unternehmen. Fragen Sie, wie die KI arbeitet. Fragen Sie, wie die Ergebnisse generiert werden. Lassen Sie sich nicht mit vagen Informationen oder Phrasen abspeisen oder mit Fachchinesisch. Wenn etwas merkwürdig klingt, besteht die Möglichkeit, dass es merkwürdig ist. Stellen Sie sicher, dass Sie die Technik wirklich verstehen und dass sie Sinn macht.

Fragen Sie auch, auf welcher Datenbasis die Künstliche Intelligenz arbeitet. Daten sind der Treibstoff mit dem die meisten Algorithmen laufen. Haben Sie nicht die richtigen Daten, liefert Ihnen auch die beste KI keine guten Ergebnisse.

Also: Haben Sie keine Angst vor Unwissenheit. Hier sind Sie der Kunde. Lassen Sie sich beraten, bevor Sie handeln. Fragen Sie nach den Entscheidungsprozessen. Nach Beispielen aus denen die KI-Lösung ersichtlich wird. Fragen Sie nach Daten. Am Ende des Tages sollten Sie in der Lage sein, zu erklären, was die KI für ihr Unternehmen tut und wie sie das macht. Erst dann sollten Sie darüber nachdenken, die Software einzukaufen.

Wie Sie eine KI-Strategie entwickeln können, lesen Sie hier. Bei sonstigen Fragen zu diesem Thema, freue ich mich auf Ihren Kontakt.