Künstliche Intelligenz im Marketing: Die Warnung eines Milliardärs
Erfolgreiche Menschen haben oft ein großes Publikum. Die Menschen hören zu, wenn sie etwas sagen. Nicht immer ist das, was wir dann zu hören bekommen, es wert, sich länger damit zu beschäftigen. Die Vorhersage, die Milliardär Mark Cuban auf CNBC bzgl. Künstliche Intelligenz von sich gab, ist es allemal.
„In zehn Jahren wird ein Hochschulabschluss in Philosophie mehr wert sein, als ein Abschluss in Informatik.“
Diese Aussage des Selfmademan, Milliardärs und Besitzer der Dallas Mavericks in einem Interview bei CNBC sorgt sicher zunächst für Stirnrunzeln. Gerade erst hatte ich mich wieder trefflich darüber aufgeregt, dass die Kinder in der Schule zwar in der siebten Klasse schon drei Fremdsprachen lernen, aber natürlich keine davon eine Programmiersprache ist. Alles um uns herum basiert künftig auf Codes und Algorithmen. Doch die heranwachsende Generation hat zu großen Teilen nicht die leiseste Ahnung von dem, was da passiert. Wie passt dazu eine solche Aussage?
Ist es nicht eher so, dass fähige Programmierer händeringend gesucht werden und demnach auch sofort hoch dotierte Jobs bekommen? Ist das bei Absolventen einer Geisteswissenschaft auch so? Ich vermute nicht.
Und doch: Mark Cuban könnte Recht behalten. Und wir sollten dieser Aussage durchaus Beachtung und ein wenig unserer Zeit schenken. Denn die Logik hinter diesen Gedanken hat auch einen spürbaren Einfluss auf die Marketing Industrie.
Neue Künstliche Intelligenz lehrt alter das Fürchten
Es mag sein, dass Künstliche Intelligenz noch in den Kinderschuhen steckt. Doch schon heute sind diese Maschinen mächtige Wesen. AlphaGo Zero beispielsweise – die jüngste Version von Googles Künstlicher Intelligenz – schlägt die besten Spieler der Welt in GO, ein Spiel, dass noch komplexer ist als Schach.
Die erste Version schlug den GO Weltmeister bereits 2015. Damals als Sensation gefeiert, schlug die aktuelle Google KI die aus 2015 in einhundert Spielen mit dem Ergebnis: hundert zu null.
Wem das noch nicht beeindruckend genug ist, sollte folgendes beachten: Menschen trainierten die erste KI. AlphaGo Zero dagegen trainierte sich selbst. Ganze drei Tage lang. Die Menschen gaben der Maschine lediglich ein Ziel und die Regeln vor. Von da an lernte sie selbst und erarbeitete die bestmöglichen Wege zum Sieg. Das Ergebnis: Die selbstlernende KI Alpha Go Zero dominierte und demontierte das alte, von Menschen trainierte System nach belieben.
Dieser Unterschied ist der Schlüssel zur Vorhersage von Mark Cuban.
„Was jetzt passieren wird, ist, dass Künstliche Intelligenz damit beginnen wird, die Automatisierung zu automatisieren.“ so Cuban.
Gemeint sind damit KIs, die damit beginnen, KI-Systeme darauf zu trainieren, komplexe kognitive Aufgaben zu lösen, die bislang nur die Mensch bewältigen können. Selbstfahrende Autos, Sprach- & Textanalysen, Vorhersagen oder Gesichtserkennung – sind alles KI-Technologien, die von Menschen erdacht und trainiert wurden.
Was aber passiert, wenn Künstliche Intelligenz sich selbst auf diese und andere Aufgaben trainiert? Systeme, die sich selbst programmieren brauchen keine Programmierer. Wie lange wird es noch dauern, bis die KI in der Lage sein wird, sich selbst das Programmieren beizubringen?
Wir können also festhalten, dass in einer Realität, in der sich KI selber programmiert, weniger menschliche Programmierer benötigt werden.
Künstliche Intelligenz macht Marketing – nur besser
Wenn sich KI selbst das Programmieren beibringen kann, warum dann nicht auch Marketing Aktivitäten? Selbst-Optimierende KI-Systeme gibt es ja bereits im Marketing. Phrasee zum Beispiel schreibt Betreffzeilen für E-Mails ohne menschliches zutun. Dann testet es diese und lernt aus den Ergebnissen. Längst ist die KI damit erfolgreicher als Menschen, die das bereits seit Jahren tun. Allerdings bearbeitet die KI auch nur einen sehr schmalen Bereich.
Aber es ist davon auszugehen, dass immer mehr solcher Bereiche besetzt werden. Irgendwann sind nicht mehr viele übrig, in denen Marketer besser performen als die KI. Noch weiter gedacht könnte sich KI in die Lage versetzen, Vorgänge von einem Marketing Bereich auf einen anderen zu übertragen.
Eine KI, die überzeugende Betreffzeilen textet, könnte auch hilfreich bei der Erstellung von Blog Titeln, digitalen Anzeigen oder Website Content sein. Noch sind wir ein Stück davon entfernt, aber es erscheint nicht mehr unmöglich und auch nicht allzu fern.
Nur wer die Zusammenhänge versteht, wird noch Mehrwert schaffen
Das führt uns wieder zurück zu Mark Cubans Aussage, besser Philosophie zu studieren, als Programmieren zu lernen. Dem Amerikaner geht es dabei nicht konkret um Philosophie. Es geht vielmehr um die Fähigkeiten, die dafür nötig sind.
„Wer im Wettbewerb bestehen will,“ sagt Cuban, „sollte sich von Studien abwenden, die spezifische Fähigkeiten und Berufe lehren und stattdessen Abschlüsse in Bereichen machen, die einen lehren im Großen und Ganzen zu denken.“
Und genau das ist der Punkt in diesem Interview, an dem wir uns im Marketing in Bezug auf Künstliche Intelligenz hinterfragen sollten. Fakt ist, KI wird Teile unserer Arbeit übernehmen oder uns dabei unterstützen. Die Maschinen werden lernen was Marketingmenschen tun und wofür diese Menschen heute gut bezahlt werden.
Im Zuge dieser Transformation wird es für den einzelnen darauf ankommen, auch in Zukunft Mehrwert zu schaffen. Wenn der aktuelle Mehrwert darin besteht, sich wiederholende oder datengetriebene Aufgaben zu erledigen, könnte es eng werden in der Zukunft. Auch wenn dies komplexe Aufgaben sind wie Programmieren oder hochwertigen Content zu erstellen.
Stattdessen werden Marketingexperten zunehmend Mehrwert dadurch kreieren, das sie intelligente Verbindungen herstellen. Ihre Aufgabe wird mehr und mehr darin bestehen, unterschiedliche Ideen, Ansätze, Fähigkeiten und Systeme miteinander zu kombinieren. Denn nur wer flexibel ist, den Überblick behält und das große Ganze sieht, anstatt auf seinem Spezialgebiet zu verharren, wird in dieser Zukuntfsversion bestand haben.
Darum sieht Mark Cuban die Zukunft der Programmierer pessimistisch und die der Philosophen in neuem Glanz. Für uns Marketer bedeutet das: Je spezifischer ein Feld ist, desto sicherer können wir sein, dass Künstliche Intelligenz dieses Feld in naher Zukunft besser bestellen kann als wir. Den Blick auf das große Ganze haben die Maschinen noch nicht – nutzen wir also unsere Zeit.