Künstliche Intelligenz einfach erkärt
1997 schlug der IBM Supercomputer Deep Blue den Schachweltmeister Kasparov. 2011 nahm das KI-basierte von IBM entwickelte Computersystem Watson an der TV-Quizshow Jeopardy! teil, in der Kandidaten Antworten in Form einer Frage zu allgemeinen Wissensthemen geben. Watson siegte und schlug dabei gleich zwei ehemalige Champions. 2016 besiegte Googles KI-Computerprogramm AlphaGo den Weltmeister Lee Sedol in dem hochkomplexen chinesischen Spiel Go. Doch bevor wir einschätzen können, wie sich Künstliche Intelligenz (KI) auf unser Leben auswirken kann, müssen wir uns zuerst einige Fragen stellen. Was ist KI? Wer sind die Köpfe dahinter? Und warum spielt KI so gerne Spiele?
Die vielen Facetten der Künstliche Intelligenz
KI ist der wohl am häufigsten verwendete, aber auch am wenigsten verstandene Begriff unserer Zeit. Die größten Streitigkeiten im Zusammenhang mit KI zwischen Akademikern, Marketern und Journalisten sind darauf zurückzuführen, dass die Menschen diese neue Technologie unterschiedlich interpretieren. Deshalb starten wir mit ein paar grundlegenden Definitionen, die helfen sollen, besser durch die KI Landschaft zu navigieren:
Künstliche Intelligenz
Formal ist KI ein Bereich der Computerwissenschaft, der sich mit von Maschinen simulierter Intelligenz beschäftigt. Doch diese Definition lässt viel Interpretationsspielraum. Wenn es um den Zweck von KI geht, gibt es zwei Hauptrichtungen: die schwache und die starke KI. Die schwache KI hat nur den Anspruch, dass ein Computer bei einer Aufgabe gute Leistungen erbringt, die eine gewisse Intelligenz erfordern (wie bspw. Schach spielen). Im Gegensatz dazu beschäftigt sich die starke KI, auch als synthetische Intelligenz bezeichnet, mit der philosophischen Frage, ob Maschinen ein Bewusstsein oder einen Geist haben können.
Dabei stellt sich die Frage: Können wir überhaupt eine Künstliche Intelligenz erschaffen? Eine schwache KI sicherlich. Aber eine starke? Woher sollen wir das wissen? Wir haben schließlich keine mathematische Formel zur Berechnung dessen, was wir Bewusstsein nenne. Dazu kommt, dass üblicherweise ein Erfolg, der auf KI basiert, nicht mehr als intelligent erachtet wird, sobald er vom Menschen verstanden wurde.
KI und Statistik
Statistik ist ein Begriff, der bei einer Erklärung von Künstlicher Intelligenz niemals fehlen sollte. Auch wenn er scheinbar nicht so recht in diese Liste passt. Da es sich jedoch um den Bereich der Mathematik handelt, der sich mit der Analyse von Daten und dem Erkennen von Mustern befasst, ist die Statistik ein Vorläufer der meisten KI-Techniken.
Machine Learning (ML)
Machine Learning – ein naher Verwandter der Statistik – ist ein wichtiges Instrument im Werkzeugkasten der Künstlichen Intelligenz. Der Zweck von ML ist es, zu lernen, wie man Aufgaben durch das Training mathematischer Modelle, wie beispielsweise neuronaler Netze, erfüllt. Das Training bezieht sich laut KI-Literatur auf die Verwendung von Algorithmen, die statistische Inferenzen verwenden, um die Eigenschaften einer Aufgabe zu ermitteln. Obwohl Machine Learning seinen Ursprung in der Statistik hat, ist es heute ein sehr breiter Bereich, mit eigenen Werkzeugen, wie z.B. dem Deep Learning. Ein starker Fokus liegt dabei auf der Komplexität von Algorithmen und Heuristiken. Während ML-Algorithmen in der Regel Datensätze zum Lernen benötigen, gibt es einen Zweig namens Reinforcement Learning (RL). Hier lernen Agenten, indem sie mit ihrer Umgebung durch Trial-and-Error interagieren. Es wurde oft argumentiert, dass Reinforcement Learning die KI-Technik ist, die der menschlichen Intelligenz am nächsten kommt.
Big Data
Mehr eine Ansammlung von Techniken und weniger ein wissenschaftliches Gebiet ist Big Data der Versuch, Statistiken zu berechnen oder Machine Learning einzusetzen, wenn die Menge oder Verteilung von Daten keine klassische Verarbeitung zulässt.
Ist der KI Herbst bereits gekommen?
Wie alle menschheitsbezogenen Phänomene, können wir KI dadurch einschätzen, wie sehr die Gesellschaft sie schätzt. Der KI-Frühling bezieht sich auf Zeiten, in denen die KI-Forschung sowie ihre Anwendungen aufblühen. In der Regel veranlasst dies den Menschen, das Potenzial zu überschätzen. Danach folgen normalerweise die KI-Winter, in denen die Finanzierung der KI-Forschung gekürzt wird, da die hohen Erwartungen nicht erfüllt werden. Diese Perioden sind historische Phänomene, die wir daher nur rückblickend verstehen können. Obwohl wir zweifellos in einer Zeit großer KI-Erfolge leben, beziehen sich diese häufig aufgrund ihrer einfachen und intuitiven Struktur auf Spiele und nicht auf reale Anwendungen wie beispielsweise in der Robotik. Daher kann es sinnvoll sein, von Zeit zu Zeit einen Schritt zurück zu treten und sich zu fragen: Kommen unsere Entdeckungen schneller voran als unsere Erwartungen?
Leben im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz
KI ist bereits als Idee stark genug ist, um die Menschen zu inspirieren, noch bevor man sie überhaupt versteht. Aber bevor wir eine matrixartige Apokalypse prophezeien, in der die Menschheit versklavt wird, oder ein Roboter-Utopia, in der Menschen nicht mehr arbeiten müssen, sollten wir uns erst einmal anschauen wie sich KI bereits auf unser Leben ausgewirkt.
Wenn Sie ein Smartphone besitzen, Social Media nutzen oder GPS in Ihrem Auto haben, dann profitieren Sie bereits vom Internet der Dinge. Ihre Identität und Ihr Leben – oder wenigstens ein Teil davon – sind digitalisiert und gehören zu einem Netzwerk kollektiver Intelligenz. Beängstigend oder? Die meisten Daten im Zusammenhang mit unseren Online-Aktivitäten werden heute in den Datenbanken großer Unternehmen wie Google, Facebook und Amazon verarbeitet und gespeichert. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass das intelligente Web in Zukunft vollständig dezentralisiert sein wird. Davon profitieren Technologien, die sich mit Sicherheit und Vertrauen befassen, wie Blockchain.
Die Demokratisierung von KI
Wie bei allen technologischen Fortschritten kann unsere Gesellschaft wählen. Integriert sie die KI zum Wohle der Menschen in den Alltag oder bleibt sie ein fortschrittliches Werkzeug für wenige? Wenn wir uns die aktuellen Trends anschauen, können wir daraus schließen, dass die Gesellschaft eher zu Ersterem tendiert. KI-Spezialisten behaupten sogar, dass die KI zu einem Menschenrecht wird. Zum Beispiel veröffentlichen Unternehmen wie Facebook ihre Tools und Forschungsgruppen legen Wert darauf, das ihre ML-Experimente reproduzierbar sind.
Zusätzlich ist ein weiteres Feld entstanden – Automated Machine Learning. Das zielt darauf ab, das Training von ML-Modellen zu einem vollständig automatisierten Prozess zu machen. Obwohl noch nicht komplett ausgereift, besteht in diesem Bereich die Möglichkeit, KI für jeden zugänglich zu machen, der einen Zugang zu einem Computer besitzt. Tools wie Amazon Web Services oder Azure von Microsoft bieten serverlose Computerfunktionen. Hier können Nutzer ganz einfach ihr ML-Experiment in einer Cloud aufsetzen.
Künstliche Intelligenz auf dem Arbeitsmarkt
In einer Zeit, in der jeder behauptet, KI zu benutzen, muss bei der Auswahl eines Teams besondere Vorsicht gelten, da es eine Vielzahl von Fähigkeiten in diesem Bereich gibt. Um das Machine Learning weiter voranzubringen, sind starke Forschungs- und Analysefähigkeiten, algorithmisches Denken und ein mathematischer Hintergrund erforderlich. Auf der anderen Seite legen Unternehmen großen Wert auf die Erfahrung eines ML-Fachmanns bei der Programmierung von Frameworks und Plattformen. Unternehmen brauchen hingegen eigentlich Menschen, die ein tiefes Verständnis für das Potenzial und die Grenzen dieser Technologien sowie für ihre Verbindung mit ihrem Markt haben.
Eine oft geäußerte Befürchtung im Zusammenhang mit KI und dem Arbeitsmarkt ist, dass viele Arbeitsplätze automatisiert und damit obsolet werden. Als Andrew Ng, Professor an der Stanford University und Mitbegründer von Google Brain, einmal nach der Macht der KI gefragt wurde, antwortete er: „Fast alles, was ein normaler Mensch machen kann, ohne länger als eine Sekunde darüber nachzudenken, können wir wahrscheinlich schon jetzt oder in naher Zukunft automatisch mithilfe von KI“. Dies ist eine unvollkommene Regel und sie berücksichtigt nicht die Erfahrung oder das Talent, das einige Arbeiten erfordern. Trotzdem kann es nützlich sein, sich zu fragen: Wie viel Denken haben Sie in letzter Zeit in Ihrer Arbeit eingesetzt?
Orginaltext von Elena Nisioti: A layman’s guide to Artificial Intelligence